Hallo zusammen,
Da er nun plant im Mai auch einen Kurs in Deutschland anzubieten, wollte ich euch meine Erfahrungen mit dem Sidemount Kurs bei Rob Neto nicht vorenthalten.
Aber vorerst muss ich ein klein wenig ausholen…
Zum ersten Mal erlebte ich das Thema Sidemount im Sommer 2011 als mein treuer Stamm-Buddy vom Höhlentauchen auf Sardinien zurück kehrte.
Stolz wie Oskar kam er, frisch ausgestattet als „Toddy-Style“-Pionier, freudestrahlend bei uns zum allwöchentlichen Tauchen in der Ostsee an.
Nun weiß ich noch genau wie ich ihn höchst kritisch beäugt habe, als er mit schmerzverzerrter Miene im hüfttiefen Wasser stand und krampfhaft versuchte seine Bungees mit den dicken Handschuhen um die Flaschenhälse zu fummeln.
Sagen wir mal so, das lief alles noch nicht so ganz flüssig
Eine große Werbung für das Sidemount Tauchen war es jedenfalls anfangs nicht, insgeheim lachte ich mir in’s Fäustchen denn ich hatte ja mein herrlich ausgereiftes und wunderbar funktionierendes Backmount Doppelsystem, perfekt nach D.I.R. - was will man denn mehr?
Und so verging die Zeit und wir tauchten weiter jede Woche gemeinsam, aber ein ernsthaftes Thema wurde Sidemount für mich erst viel später, um genau zu sein im Juni letzten Jahres.
Dann nämlich absolvierte ich mit einem anderen Buddy bei Rob Neto in Marianna das Cave Training, „natürlich“ noch ganz ordentlich und klassisch mit Doppelflaschen auf dem Rücken.
Dafür war allerdings Rob während der Kurse oft in Sidemount Konfiguration unterwegs - und das war ein Anblick für die Götter! Sehr elegant sah das aus, mein erster Gedanke war, das musst Du doch „irgendwann“ mal probieren!
Und so kam es, dass ich schon einen Monat später ein Nomad XT zuhause liegen hatte und mich fleissig selber mit der Materie auseinander setzte. Viele Eigenversuche folgten, diverse Bungee-Systeme wurden getestet, die Schläuche jede Woche anders geführt, die Flaschen hoch- und runter geriggt, Ausrüstung hin- und her getauscht.
Das alles geschah mit sehr durchwachsenem Ergebnis und mir war bald klar, das muss auch irgendwie besser gehen.
Und so buchte ich kurzentschlossen im Dezember den Sidemount Kurs bei Rob Neto, wieder in Florida.
Hier hatte ich ganz konkrete Ziele:
- Mein Trimm sollte stabilisiert werden (zuvor war ich teilweise leicht fuss- und teilweise kopflastig, mal so mal so)
- Den Inflator des Nomad XT (klassisch von oben) wollte ich gerne mit dem Auslass tauschen, traute mich aber nicht selber am Gerät zu basteln
- Das Nomad, respektive das Transpac Harness, sollte endlich 100% richtig eingestellt werden
Der Kurs begann bei uns im Hotel in Marianna, die Lobby bietet dort einen gemütlichen Sofabereich und wir begannen mit der Theorie. Vieles davon war mir bislang nicht bekannt, bzw. hatte ich in der dargestellten Form nie für wichtig erachtet, man lernt eben nie aus.
Sehr interessant waren die Hintergründe, warum sind die Schläuche dort wo sie sind, wie laufen die Drills und Verfahren optimal ab, wie funktioniert das Gasmanagement? Wo befestigt man den Akkutank der Lampe, wie führt man das Kabel? Was ist sonst zu beachten, wie funktioniert das Zusammenspiel mit Backmount Buddies? Fragen über Fragen wurden gestellt und beantwortet.
Als nächstes präsentierte Rob eine ganze Reihe von Sidemount „rigs“ live, angefangen vom Nomad 1, Armadillo, SMS100, SMS50, Nomad LT und Razor.
Im Detail erläuterte er die Unterschiede, Vor- und Nachteile sowie die optimalen Einsatzbereiche der einzelnen Systeme. Das war ebenfalls sehr interessant und im Ergebnis war klar, irgendwann möchte ich auch gerne sechs verschiedene Sidemount Rigs besitzen
Nun kam der für mich der erste wichtige Teil, die Anpassung/Justierung meines Nomad XT und die Verlegung des Inflators. Insbesondere die letztere Tätigkeit erfordert ein wenig handwerkliches Geschick und einen Lötkolben, da traute ich mich alleine definitiv nicht ran.
Ohne die Geheimnisse von Rob nun verraten zu wollen, aber er führt am Auslass noch zwei spezielle Modifikationen durch, die mehr Sicherheit bieten. Vielleicht mag er selber verraten welche das sind Ich war jedenfalls sehr positiv überrascht darüber und verwundert, dass ich beides noch nie gesehen hatte.
Ebenfalls sehr überrascht hat mich, wie viele Dinge Rob an meinem Nomad verstellt hat von denen ich gar nicht wusste, dass man sie überhaupt verstellen kann oder gar sollte.
Was die Bungees angeht, hier hat Rob ein eigenes System entwickelt was z.B. auch mit dem Nomad sehr gut harmoniert. Seine Bungees sind relativ dünn und dehnbar und er hat einen sehr interessanten Trick, der hilft diese auch mit Trockenhandschuhen sehr einfach anzuziehen.
Doch nun zum praktischen Teil der Ausbildung, der natürlich noch sehr viel interessanter war. Dieser fand in Vortex Springs statt, einem sehr schönen Quellbecken, das über ein Höhlensystem gespeist wird. Viele von euch werden Vortex Springs von einem Vorfall in 2010 kennen, als dort ein Taucher spurlos verschwunden ist (siehe auch Bens Vortex).
Das Wasser war übrigens schön warm mit 22 Grad, so dass wir die drei Tauchgänge dort ausgiebig in die Länge ziehen konnten ohne zu frieren
Während des Kurses hatte ich die Möglichkeit mehrere Stahl-Flaschensysteme zu testen, die vom Abtriebsverhalten sehr unterschiedlich sind. Vorweg möchte ich anmerken, dass die Stahlflaschen in den USA deutlich schwerer sind als bei uns. Selbst die leichtesten Modelle dort, die Faber Flaschen, haben mehr Abtrieb als unsere vergleichbaren Stahlflaschen von ECS. Noch deutlicher ist es z.B. mit den Flaschen von Worthington, diese sind so schwer, dass man sich damit z.B. mit einem Razor definitiv nicht mehr über Wasser halten kann, auch ganz ohne Blei. Aber das nur am Rande…
Rob’s Philosophie zum Thema Trimm ist es, dass der Taucher sich mit Gewichten in die Waagerechte trimmt, sprich mit den Flaschen und Blei/Trimmblei. Es gibt eine andere Schule, die dazu neigt leicht zu überbleien und mit viel Luft im Donutwing (z.B. SMS100) eine waagerechte Wasserlage herzustellen. Beides funktioniert natürlich, allerdings Letzteres nicht gut mit dem Nomad XT, dessen Blase in Hufeisen gebaut wurde. Damit wäre man i.d.R. zu fußlastig, da man mittels des Wings nicht genug Auftrieb herstellen kann, um den Abtrieb der Stahlflaschen zu kontern. Ein weiterer Nachteil dieser Trimm-Methode mit Luft ist, wenn man die Luft im Wing verliert, verliert man damit auch den Trimm. In der Höhle kann das durchaus ein enormes Problem sein.
Nun folgte die nächste Überraschung, denn dank oder trotz der vielen Änderungen, war ich schnell ziemlich perfekt im Trimm. Das ging doch unerwartet schnell und sogar ohne Trimmblei, alleine durch korrekte Positionierung der Flaschen in Verbindung mit den bereits durchgeführten Änderungen an den Gurten brachte den Erfolg.
Und so begannen auch gleich die zahlreichen Drills des Kurses, insbesondere jede Menge Valve Drills und vor allem S-Drills.
Wenn ich etwas ganz besonders hervorheben müsste, dann wären es die Tipps und das tiefgreifende Verständnis, das ich im Bereich Atemregler-Management und S-Drills gewinnen konnte. Das sind die für mich die beiden ausschlaggebenden und kritischen Bereich in Sidemount.
Rob taucht diese Konfiguration natürlich selber schon lange und kennt den einen oder anderen extrem hilfreichen Kniff. Das sind Dinge, die man eben nicht einfach irgendwo nachlesen kann und selbst wenn, sie sind oft wertlos ohne die „Geschichte“ drum herum, die verständlich macht warum dieser Kniff so gut funktioniert.
Mein Fazit am Ende? Der Kurs bot sehr viel mehr als von mir erwartet, bzw. erhofft wurde und brachte einige Erkenntnisse an die ich beim Tauchen sehr oft denke. Ich fühle mich im Ergebnis nun nicht nur deutlich wohler in Sidemount, sondern auch sehr viel sicherer.
Oliver
(TDI Open Water Sidemount Kurs im Dezember 2012 bei Rob Neto / Chipola Divers)