Tauchunfall ohne Not

Hallo mal wieder!
Nach 2 Wochen Zwangspause wollte ich kurz mal meine Erfahrungen im Bereich Tauchunfall und HBO-Therapie schildern.
Vielleicht hilft es, bei anderen Tauchern einen derartigen Zwischenfall zu vermeiden!

29.05.16, Walchensee
Kaum Leute da, Wetter relativ gut. Das verspricht zwei schöne und entspannte Tauchgänge! Der Wasserstand ist aber niedrig, weshalb ich meine Flaschen (280 cuft mit Luft + 180 cuft EANX 50%) die steile Böschung runter ans Wasser schleppen muß. Mein Kumpel hat beim Einstieg vorsichtig zu sein, daß er nicht mit seinem DoPa auf´m Buckel nen Salto vorwärts macht.
Die Sicht war schlechter als gedacht und so wichen wir von unserem Plan, bis auf 40m zu gehen ab und blieben lediglich für 15 Min zwischen 30 und max. 32,6m. Der Aufstieg erfolgte sehr langsam. Wechsel auf das Deko-Gas bei 22m und dieses auch bis zum Schluß geatmet. Die maximal 3 min Deko die mein liberal eingestellter Rechner auf 3m verlangte waren beim Ausstieg schon seit 20 Minuten (!) abgelaufen!!! Die letzte Viertelstunde bummelten wir auf 5m herum und bewunderten die weißen Fahnen Barschlaich im Geäst.
Beim Ausstieg ließ ich die Flaschen erstmal am Wasser. Schnell aus´m Anzug raus, die Blase drückt! Deutlich entspannter schleppe ich dann ca. 10 Minuten später die ersten Flaschen die steile Böschung wieder nach oben zum Auto, bis plötzlich…
Ja, bis es mich auf einmal erwischt! Schwindel! Ich kann kaum geradeauslaufen. Sonst nichts, keine Schmerzen, keine sonstigen Ausfälle. Ich setze mich hin und warte kurz ab, ob eine Besserung eintritt. 2 Min. später reicht mir mein Kollege den AR meiner Deko-Stage mit dem 50%-EANX. Weitere 2 Min. keine Besserung. Jetzt wird mir wegen des Schwindels auch noch übel und ich muß speibn.
Ich leg mich neben das Auto, mein Buddy dübelt mir einen venösen Zugang in den Arm und läßt einen Liter Kochsalzlösung laufen (toll, wenn man vom Fach ist und alles Notwendige dabei hat!). Dann wählt er den Notruf!
Die Wasserwacht trifft ein, der Rettungshubschrauber winscht den Notarzt ab und der Rettungswagen fährt rückwärts an unseren Tauchplatz.
Kurzer Austausch mit allen Anwesenden über Vergangenes und Zukünftiges erfolgt. Ein anderer Taucher bietet 100% O2 an, aber da werde ich auch schon umgelagert und in den RTW verfrachtet.
Kurze Fahrt nach Murnau. Notaufnahme, diverse Untersuchungen und so rasch wie möglich ab in die Druckkammer!
Verdachtsdiagnose: DCS des rechten Innenohres
Am Abend desselben Tages nach der Kammerfahrt mit Navy-6-Tabelle geht es mir schon besser und ich komme sogar auf zwei Beinen geradeso auf´s Klo.
Es folgen neun (9) weitere Fahrten in der Druckkammer (1*/d). Nicht zur Blasenreduktion, sondern um geschädigtes Gewebe zu durch den hohen Sauerstoffpartialdruck und die somit bessere Sauerstoffversorgung zu retten.
Die Untersuchung beim HNO-Arzt zeigt eine deutliche Beeinträchtigung des rechten Innenohres.
Eine spezielle Ultraschalluntersuchung des Herzens zeigt ein klitzekleines PFO (persistierendes Foramen Ovale)!
Nach insgesamt 10 Fahrten in der Druckkammer bin ich gestern endlich wieder nach Hause gekommen.
Die Unterstützung von Aquamed war hervorragend. Die ärztliche Betreuung in Murnau war ausgezeichnet und durchweg professionell!
Zusammenfassung:
Anfangs dachte ich an einen sog. „unverdienten Treffer“, einen Tauchunfall, der eintritt, obwohl alle Parameter eingehalten und keine Grenze überschritten wurde. Nach fast 500 TGs, die z.T. deutlich anspruchsvoller und anstrengender waren, wollte ich kaum glauben, daß mir dieses PFO dazwischenfunkt.
So wie sich der Fall darstellt, war schlichtweg die Anstrengung beim Tragen der Flasche die steile Böschung hinauf der Grund, weshalb ein im Herzen zu einem (wenn auch geringen) Shunt (= Übertritt von Blut von der venösen auf die arterielle Seite) kam. Dabei gingen einige Bläschen mit und legten den Blutfluß im rechten Innenohr z.T. lahm.
Interessant ist, daß diese Bläschen auftraten, obwohl ich
a) die kurze Deko schon lange abgesessen hatte &
b) in der Deko und danach EANX 50% atmete.
Offensichtlich hatte ich bei den vorherigen Tauchgängen auch bei Belastung danach durch andere Atmung oder sonstiges einen Shunt vermieden. Zugegeben, vielleicht bin ich einfach auch schon alt geworden und kompensiere Ausfälle einfach schlechter :eviltongue:
Faszinierend war das Erlebnis allemal! Alles richtig gemacht (denkt man), trotzdem ins Klo gelangt.
Bei vollständiger Erholung meines Ohres steht lt. Doc einer Tauchtauglichkeit nichts im Wege. Hurra!!! Dennoch werde ich in Zukunft v.a. was die Anstrengung NACH einem TG betrifft deutlich vorsichtiger sein! Tauchen soll ja Erholung bieten und Spaß machen, keine Plackerei sein.
Ich hoffe, daß der ein oder andere Leser dieser Zeilen vor einem ähnlichen Vorfall bewahrt werden kann. Vorboten oder Anzeichen könnten auch nur kurz anhaltende Sehstörungen (Blitze, Wolken vor den Augen) oder nur kurze Schwindelattacken (einige Sekunden) sein! Ein PFO haben 10-20% der Bevölkerung, ohne etwas davon zu ahnen.

Viel Erfolg bei Euren nächsten Tauchgängen! Und Obacht geben!

Grüße, Frank

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Hallo Frank,

vielen Dank für Deinen offenen Bericht! Diese Art der Vorfälle liest man regelm. auch in den Wetnotes… Leider kein Einzelfall, aber es zeigt doch, das Vorsicht und sich genügend Zeit lassen einfach nötig sind.

Dir wünsche ich eine rasche und vollumfängliche Genesung!

VG
Roby.

Gute Besserung Frank!

Gesendet von meinem GT-I9205 mit Tapatalk

Servus…

ich wünsch Dir gute Besserung und vor allem das Du wieder tauchen kannst.
Hatte in den letzten 6 Monate div. „Erlebnisse“ - von Decounfällen bis hin zum Todesfall - das muss nicht sein.

Bei manchen Dingen steckt man nicht drin - klar - zeigen aber einen auch, das manche Dinge im Leben einfach „überbewertet“ werden.
Welche das sind findet früher oder später jeder für sich heraus…

Ich hab meinen Teil gefunden :wink:

Hau rein!

Toi Toi Toi und gute Besserung!!
Und immer entspannt bleiben :taucher4:

Gruß Udo

Vielen Dank! Ich gehe mal fest davon aus, daß sich alles wieder erholt!
Krass finde ich die Berichte meiner Kollegen von der HBO-Kammer, daß sich etliche Taucher zum einen ihre „Kammertauchgänge“ loggen lassen (wohl verkennend, daß es KEINE Tauchgänge sind, sondern eine medizinische Therapie) und manche mehr oder minder „regelmäßig“ in Behandlung sind.
Die Veranstaltungen in Tauchclubs mit Kammerfahrten auf 50 m zum Erleben eines Tiefenrausches finde ich vollkommen in Ordnung! Nur damit mich niemand falsch versteht. Nen richtigen Tiefenrausch erlebe ich lieber unter kontrollierten Bedingungen in der Kammer als im Wasser!

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Absolut korrekt!!

Kenne auch einige die TG sammeln, nur damit sie auf Facebook was zu posten haben und Anerkennung kriegen.
Ausserdem muss das Logbuch ja schön voll sein :wink:
Und wenn ich lese, „wieder 2 tolle TG auf 43,5 und 41,2m gehabt je 60 min“, obwohl derjenige nicht die erforderliche Ausbildung hat, dann weiß ich mit wem ich nicht ins Wasser gehe :wink:

Ich hoffe nur für jeden Taucher, dass er gscheit wird, bevor was passiert.
Früher hätte ich auch jeden TG irgendwie durchgezogen, heute beende ich nach 2 min. wenn ich im Wasser merke, irgendwas passt nicht oder ich beim abtauchen bereits friere. Tut zwar weh aber lieber fahre ich 500km umsonst als einen echten Notfall auszulösen und den Buddy oder andere Taucher zu gefährden.

Eine Kammerausfahrt ist immer zu empfehlen, jeder sollte mal sehen, wie sich sowas anfühlen kann, ohne dabei in Gefahr zu kommen. Denn am gefährlichsten sind die Tiefenrausch Erlebnisse, wo man denkt, man sei noch top fit und man hätte keinen.

Hallo Frank,

erst einmal danke für Deinen Bericht.

Eine blasenfreie Dekompression ist soweit ich weiß sehr unwahrscheinlich – schon bei kürzesten, flachen Tauchgängen ergibt sich eine gewisse Sättigung, welche fast zwangsläufig zur Entstehung von kleinen Blasen führt. Den Unterschied macht hier wirklich das PFO.

Ich würde Dir ganz dringend zu einer Zweitmeinung raten. In meinem Bekanntenkreis gab es bislang drei Fälle von Dekompressionserkrankungen in Verbindung mit PFO. Einmal einen recht ähnlichen Fall wie bei Dir sogar, jedoch aufgrund eines aggressiveren Tauchprofils wesentlich heftiger und langfristiger in den Auswirkungen.

In allen drei Fällen wurde die Schließung des PFO hinsichtlich der weiteren Tauchtauglichkeit als notwendig erachtet.

Beste Grüße
Niko

Hi Frank,

da war ja einiges los. Und das, wo du dir so genussvolle Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Alkohol und Bewegungsmangel verkneifst…
Murnau ist ja aus eigener Erfahrung (kein DAN Ereignis…) ne kompetente Sache. Hoffe das Cafe Krönner steht noch:-)

Wenn du nen enstpannten RentnerTG brauchst meld dich. Ich mach ja jetzt bald Tauchrettung:-)
Und ich nehm auch Wärmedecken und Sackkarren mit:-)

Und ein dickes Bussi an dein Buddy. Der hat eine 0.02472027 cuft Dekoflasche Merlot verdient…

Und schreib das nächste Mal so, dass das Dopa deines Buddy schlechter weg kommt wie deine SM Taucherei:-)

@Niko:
Die Existenz von Bläschen nach den meisten TG ist mir bekannt und auch klar!
Was ich ausdrücken wollte, war die Verwunderung, weshalb es bei all den (z.T. unter schwierigeren Bedingungen) vorher absolvierten TGs zu keinem Ereignis kam.
3 - 4 TG am Tag, rein ins Boot wuchten, Hitze, Kälte hatte ich alles ja schon durch.

Dahingehend wird´s „unfair“ wenn die Tauglichkeit bei echten Fehlern nicht leidet, aber der eigene Körper quasi sabotiert…
Was den Verschluß des PFO angeht warte ich noch auf den genauen Befund zwecks der Größe. Die nächste Frage ist dann, ob man das Risiko eingeht oder nicht.

@stunmill:
Wobei ich mir echt schon überlegt habe, ob es nicht wirklich physiologisch, physikalisch und biomechanisch einfacher ist, ein DoPa auf´m Rücken zum Rentnertisch zu schleppen. Das hängt schon im Wasser, man steigt raus und läuft einfach weiter, keine Preßatmung beim Anheben schwerer Flaschen o.ä. und somit kein Shunt!
Und der Ausstrom von Bläschen nimmt innerhalb der ersten Stunde nach dem TG nach noch zu! Also die Ausrüstung entweder gleich rausbringen oder schön entspannt warten…

Ins Wasser komme ich sicher wieder, und wenn ich mir nen Sauerstoffkreisel zuleg und zwischen 0 - 8m rumkreuze :taucher4:

Hallo,

und Dir erst einmal schnelle und vollständige Genesung inklusive Wiederherstellung der Tauchtauglichkeit. Eine Zweitmeinung ist nie ein Fehler. Aber klingt so, als ob das alles bei Dir sehr vernünftig abläuft.

Beim Lesen Deines Berichts musste ich mich ehrlich gesagt mehrfach wundern, dass ich noch lebe. Und das nicht das erste Mal, es gab ja schon einiges in den letzten Jahren, wo man sich wundern musste. Roby hat da (etwas ausführlicher in Facebook) da auch von einem Vorfall geschrieben, wo beim und nach dem Tauchgang nichts auffällig war…

Das, was Du alles schreibst, habe ich auch schon durch, inklusive halt auch sehr extremen Tauchgängen (aber alles im Rahmen dessen, was Tabellen bzw. der Computer abdecken) verglichen mit dem Tauchgang inklusive dem ebenso unauffälligen Drumrum, der bei Dir das Ergebnis hatte, aber auch bei anderen, die so etwas ereilt hat. Schon sehr krass…

Viele Grüße
Martin

Nix Kreiselverkehr, wenn schon schön Dümpeln, dann Hookah-diving!!!, oder gleich retro: Klodeckel!!!
:wink2:

Lass dirs gut gehen, bis bald:-)
und wenn gar nix mehr gent nehm ich dir fürn Hunni dein Tec ableichenfledder
:yum: